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Recht / Zivilrecht 
Mittwoch, 31.01.2024

Urheberschaft von Veränderungen an Testament durch Erblasserin bei fehlender Zugriffsmöglichkeit von Dritten zu vermuten

Wenn ein Testament Veränderungen aufweist, ist zu vermuten, dass diese von der Erblasserin stammen, wenn auszuschließen ist, dass Dritte Zugriff auf das Testament haben konnten. Weist ein Testament über sämtliche Seiten mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen auf, so ist gemäß § 2255 Satz 2 BGB davon auszugehen, dass die Erblasserin das Testament widerrufen wollte. So entschied das Oberlandesgericht München (Az. 33 Wx 73/23 e).

Im September 2020 verstarb eine Frau in ihrer Wohnung. Ihr Lebensgefährte entdeckte in einem Stapel alter Zeitungen, Zeitschriften, Kontoauszüge und Kataloge ein handschriftliches Testament vom März 2020. Durch das Testament wurde der Lebensgefährte als Alleinerbe bestimmt. Zugleich wurden die beiden Brüder der Erblasserin enterbt. Das dreiseitige Testament wies auf sämtlichen Seiten mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen auf. Nunmehr bestand Streit, ob die Veränderungen von der Erblasserin vorgenommen wurden und wenn ja, ob dadurch das Testament widerrufen werden sollte. Das Amtsgericht Kempten bejahte zwar ersteres, verneinte aber letzteres. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Brüder der Erblasserin.

Das Oberlandesgericht München entschied zu Gunsten der Brüder der Erblasserin. Zunächst sei davon auszugehen, dass die Durchstreichungen von der Erblasserin stammen. Die Erblasserin hielt sich in der letzten Phase ihres Lebens überwiegend auf der Couch im Wohnzimmer auf und hatte wenige soziale Kontakte. Es sei daher auszuschließen, dass Dritte ungehinderten Zugriff auf das Testament gehabt haben. Ihre Brüder hatten zudem keinen Zutritt zur Wohnung. Zwar hätte der Lebensgefährte die Veränderungen vornehmen können, daran habe er aber kein Interesse gehabt. Demnach seien die Durchstreichungen von der Erblasserin in Widerrufsabsicht erfolgt. Dies sei gemäß § 2255 Satz 2 BGB zu vermuten.

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