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Recht / Zivilrecht 
Montag, 15.01.2024

Anspruch auf Betreuungsunterhalt bei Notwendigkeit der Betreuung eines volljährigen, geistig behinderten Kindes

Trotz Volljährigkeit eines Kindes kann gemäß § 1570 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt bestehen, wenn das Kind aufgrund einer geistigen Behinderung auf eine umfassende Betreuung angewiesen ist. Der unterhaltsberechtigte Elternteil ist zur Betreuung auch berechtigt, wenn er als gesetzlicher Betreuer bestellt wurde. So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 6 UF 69/23).

Der Ex-Ehemann beantragte beim Amtsgericht Dieburg die Abänderung eines Unterhaltstitels, durch den seine Ex-Ehefrau nachehelichen Unterhalt erhält. Der Unterhaltsanspruch der Ex-Ehefrau stützte sich auf die Notwendigkeit der Betreuung des volljährigen Kindes, das an einer geistigen Behinderung litt. Das Kind wurde mit zwei Gendefekten geboren, die mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen und schwerster Intelligenzminderung einhergehen. Das Kind hat einen Grad der Behinderung von 100 und ist seit 2017 in die Pflegestufe 4 eingeordnet. Die tägliche Pflege übernahm die Ex-Ehefrau. Das Amtsgericht Dieburg wies den Abänderungsantrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Ex-Ehemanns. Seiner Meinung nach sei das Kind nicht mehr auf die persönliche Betreuung seiner Ex-Ehefrau angewiesen.

Das Oberlandesgericht bestätigte jedoch die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Ex-Ehefrau stehe ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 Abs. 1 BGB zu. Dies entspreche trotz der Volljährigkeit des Kindes der Billigkeit. Das Kind sei auch nach zeitweiser Fremdbetreuung durch Schule bzw. Ausbildungseinrichtung weiterhin auf eine umfangreiche Betreuungsleistung angewiesen. Die Betreuung durch die Ex-Ehefrau sei berechtigt, da sie zur gesetzlichen Betreuerin des Kindes bestellt wurde und sie über den Aufenthalt des Kindes im Rahmen ihrer Entscheidungsbefugnis bestimmt hat. Der Ex-Ehefrau sei die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben der Betreuungsleistung nicht zumutbar. Zwar könne sich die unterhaltsberechtigte Person im Umfang, in dem das von ihr betreute Kind die Schule bzw. Ausbildungseinrichtung besuche, grundsätzlich nicht mehr auf die Notwendigkeit der persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Es sei aber zu beachten, dass eine verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Fremdbetreuung verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen dürfe.

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