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Recht / Zivilrecht 
Donnerstag, 21.12.2023

Zur Kostentragung für Bergrettung mittels Helikopter

Das Landgericht München I entschied, dass eine Wanderin gegen ihren Begleiter keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 8.500 Euro wegen eines Helikoptereinsatzes hat (Az. 27 O 3674/23).

Die Klägerin begehrte vom Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Rettungseinsatzes am Berg. Die Parteien verabredeten sich im November 2021 zu einer gemeinsamen Bergtour. Der Beklagte verfügte nach eigenen Angaben über Erfahrungen als Wanderer, Bergsteiger und Skitourengeher, hatte jedoch keine qualifizierte Alpinausbildung. Die Klägerin selbst bezeichnete sich als nicht sehr erfahrene Gelegenheitswanderin. Als die beiden Wanderer einen Punkt an einer Felswand erreichten, welche die Klägerin nicht hinabsteigen wollte, entschieden sich die Parteien gemeinsam, die Bergrettung zu alarmieren. Die Klägerin beglich die Rechnung in Höhe von rund 8.500 Euro, nahm jedoch den Beklagten auf Erstattung dieser Kosten in Anspruch. Sie war der Meinung, der Beklagte hafte ihr aufgrund eines Gefälligkeitsvertrags, zumindest jedoch aus unerlaubter Handlung. Er habe als faktischer Bergführer die Verantwortung gehabt und dafür Sorge tragen müssen, dass sich die Klägerin nicht unterkühle.

Das Gericht verneinte hingegen das Bestehen eines Gefälligkeitsvertrags oder die Haftung des Beklagten wegen rechtswidriger Herbeiführung einer Unterkühlung. Eine rein private gemeinsame Freizeitveranstaltung wie eine privat durchgeführte gemeinsame Bergtour sei für sich genommen nicht geeignet, eine vertragliche Haftung zu begründen. Im Vordergrund stehe vielmehr der soziale Kontakt und nicht etwa der Wille der Beteiligten, sich rechtlich zu binden. Die Bereitschaft des Beklagten, die Tourenplanung zu übernehmen, sei in Ansehung des Umstands, dass es sich nicht um eine kommerziell geführte Tour handelte, sondern um einen Ausflug zweier jedenfalls freundschaftlich miteinander verbundener Personen, vielmehr als eine übliche Gefälligkeit des täglichen Lebens zu qualifizieren. Wie auch sonst im Leben sei hierbei zunächst von der Eigenverantwortung des Einzelnen auszugehen. Im Regelfall habe jeder Alpinist zunächst für sich selbst zu sorgen. Auch wenn einem Teilnehmer aufgrund seiner Erfahrung und seiner Leistungsfähigkeit von Anfang an oder in einer Notsituation auf natürliche Weise das Gesetz des Handelns zuwachse, entstehe daraus nicht ohne weiteres eine Partie, die einer geführten Gruppe gleichstehe. Es bleibe vielmehr eine klassische Gefahrengemeinschaft, die eine Haftung des Beklagten wegen Pflichtverletzung ausschließe. Hierfür spreche auch, dass die Klägerin und der Beklagte die Entscheidungen am Berg gemeinsam getroffen hätten.

Dass der Beklagte sich in einem Chat mit der Klägerin vorab als „Ihr persönlicher Bergführer“ bezeichnet habe, ändere an der Bewertung nichts. Die Klägerin habe bereits unterhalb des Gipfels klargestellt, dass sie den Gipfel wegen der dort herrschenden Verhältnisse nicht erklimmen wollte, obwohl dies der ursprüngliche Plan der beiden gewesen sei. Diese Entscheidung zeige, dass sie in der Lage war, ihre eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, dies gegenüber dem Beklagten zu artikulieren und eine gemeinsame Entscheidung hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Tour herbeizuführen. Hierfür spreche auch, dass die beiden gemeinsam entschieden hätten, die Bergrettung zu rufen. Vor diesem Hintergrund verbleibe es bei der Eigenverantwortung der Klägerin für den Rettungseinsatz.

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