INFOTHEK

Infothek

Zurück zur Übersicht
Steuern / Einkommensteuer 
Freitag, 20.10.2023

Kosten der Unterbringung in Pflegewohngemeinschaft können außergewöhnliche Belastungen sein

Der Bundesfinanzhof entschied, dass Aufwendungen für die krankheits-, pflege- und behinderungsbedingte Unterbringung in einer dem jeweiligen Landesrecht unterliegenden Pflegewohngemeinschaft steuermindernd als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind (Az. VI R 40/20).

Im Streitfall wohnte der schwerbehinderte (Grad der Behinderung 100) und pflegebedürftige (Pflegegrad 4) Kläger gemeinsam mit anderen pflegebedürftigen Menschen in einer Pflegewohngemeinschaft, deren Errichtung und Unterhaltung dem Wohn- und Teilhabegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen unterfiel. Dort wurde er rund um die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst und Ergänzungskräften betreut, gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt. In seiner Einkommensteuererklärung machte er die Aufwendungen für die Unterbringung (Kost und Logis) in der Pflegewohngemeinschaft als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte dies ab, da diese Aufwendungen nur bei einer vollstationären Heimunterbringung abzugsfähig seien.

Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung in einer dafür vorgesehenen Einrichtung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Dies gelte nicht nur für Kosten der Unterbringung in einem Heim im Sinne des § 1 HeimG, sondern auch für Kosten der Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft, die dem jeweiligen Landesrecht unterfällt. Ausschlaggebend sei allein, dass die Pflegewohngemeinschaft ebenso wie das Heim vor allem anderen dem Zweck diene, ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung aufzunehmen und ihnen Wohnraum zu überlassen, in dem die notwendigen Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen erbracht werden. Die Abzugsfähigkeit der Unterbringungskosten knüpfe nicht daran an, dass dem Steuerpflichtigen – wie bei der vollstationären Heimunterbringung – Wohnraum und Betreuungsleistungen „aus einer Hand“ zur Verfügung gestellt würden. Ausreichend sei, wenn er als (Mit-)Bewohner einer Pflegewohngemeinschaft neben der Wohnraumüberlassung von einem oder mehreren externen (ambulanten) Leistungsanbietern (gemeinschaftlich organisiert) Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen in diesen Räumlichkeiten beziehe. Jedoch sind auch krankheits- oder pflegebedingt anfallende Kosten nur insoweit abzugsfähig, als sie zusätzlich zu den Kosten der normalen Lebensführung anfallen. Deshalb seien im Streitfall die tatsächlich angefallenen Unterbringungskosten um eine sog. Haushaltsersparnis zu kürzen. Deren Höhe bestimmte der Bundesfinanzhof im Wege der Schätzung nach dem steuerlich abziehbaren Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen – im Streitjahr 2016 betrug dieser 8.652 Euro.

Zurück zur Übersicht

Die Fachnachrichten in der Infothek werden Ihnen von der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG zur Verfügung gestellt.