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Steuern / Einkommensteuer 
Freitag, 10.11.2023

vGA bei Alleingesellschafter-Geschäftsführer trotz Privatnutzungsverbots eines betrieblichen Pkw

Bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer kann selbst dann ein zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führender Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines von der GmbH überlassenen Pkw vorliegen, wenn im Anstellungsvertrag ein Privatnutzungsverbot vereinbart wurde. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist auf Ebene der Gesellschaft jedoch nicht nach der 1%-Regelung, sondern nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu bewerten. So entschied das Finanzgericht Münster (Az. 10 K 1193/20 K,G,F).

Die Klägerin ist eine GmbH. Im Anstellungsvertrag vereinbarte sie mit ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einen Anspruch auf die Gestellung eines Pkw der gehobenen Mittelklasse, den er aber nicht privat nutzen dürfe. Tatsächlich stellte die GmbH ihrem Geschäftsführer im Streitjahr 2016 hintereinander zwei solche Fahrzeuge zur Verfügung. In dessen Privatvermögen befand sich zunächst ebenfalls ein Mittelklassefahrzeug, das im Laufe des Streitjahres durch ein auf dessen Ehefrau angemeldetes anderes Mittelklassefahrzeug ersetzt wurde. Die GmbH machte für das von ihr neu angeschaffte Fahrzeug eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG geltend. Eine private Nutzung der beiden betrieblichen Fahrzeuge erfasste sie nicht. Das Finanzamt setzte für das neu angeschaffte Fahrzeug im Hinblick auf die Privatnutzung durch den Geschäftsführer eine verdeckte Gewinnausschüttung an, die sie nach der 1%-Regelung mit 4.000 Euro berechnete. Da keine (fast) ausschließlich betriebliche Nutzung dieses Fahrzeugs vorliege, erkannte das Finanzamt die Sonderabschreibung nach § 7g EStG nicht an.

Das Gericht wies die Klage ab. Im Streitfall spreche der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des Fahrzeugs, welche zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs spreche die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein einem Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft zur Nutzung überlassenes betriebliches Fahrzeug auch privat genutzt werde. Dies gelte auch bei einem Privatnutzungsverbot, wenn keine organisatorischen Maßnahmen getroffen würden, die eine private Nutzung ausschließen. Für den Anscheinsbeweis spreche, dass ein Privatnutzungsverbot wegen des fehlenden Interessengegensatzes keine gesellschaftsrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehe. Es könne daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass der Geschäftsführer sich tatsächlich an das Verbot halte.

Die Klägerin habe den Anscheinsbeweis nicht entkräftet. Sie habe es versäumt, Beweisvorsorge etwa durch die Führung eines Fahrtenbuches oder sonstige Aufzeichnungen zu treffen. Die im Privatvermögen zeitlich hintereinander gehaltenen Fahrzeuge seien aufgrund der geringeren Motorisierung und des niedrigeren Wertes in Status und Nutzungswert nicht mit den betrieblichen Fahrzeugen vergleichbar. Zudem habe auch die Ehefrau des Geschäftsführers die Privatfahrzeuge – etwa für Einkaufsfahrten – genutzt. Zur tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung, wonach das betriebliche Fahrzeug nach Geschäftsschluss auf dem Firmengelände abzustellen sei, habe die Klägerin keine Belege vorgelegt. Da der aufgrund des Anscheinsbeweises anzunehmenden Privatnutzung keine Überlassungsvereinbarung zugrunde lag, führe diese nicht zu Arbeitslohn, sondern zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Diese sei allerdings – entgegen der Auffassung des Finanzamts – nicht anhand der 1%-Regelung zu bewerten, da dieser lohnsteuerrechtliche Wert (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) für die Bewertung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht gelte. Der Wert sei vielmehr nach Fremdvergleichsmaßstäben zu schätzen. Bei der Berechnung hat das Gericht einen Gewinnaufschlag von 5 % auf die Fahrzeugkosten vorgenommen und die Privatnutzung mit 50 % angesetzt. Da der danach ermittelte gemeine Wert (netto) von 4.771 Euro die vom Finanzamt angesetzten 4.000 Euro überschreite, greife das Verböserungsverbot, sodass es beim bisherigen Ansatz bleibe. Vor diesem Hintergrund könne offenbleiben, ob noch Umsatzsteuerbeträge hinzuzurechnen seien. Das Gericht hat ebenfalls die Sonderabschreibung nach § 7g EStG für das neu angeschaffte Fahrzeug versagt, da dieses nicht zu mindestens 90 % betrieblich genutzt worden sei. Die Klägerin habe ihrem Geschäftsführer das Fahrzeug gerade nicht betrieblich im Rahmen des Anstellungsvertrags überlassen, sondern im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Dies stelle keine betriebliche Nutzung i. S. v. § 7g EStG dar.

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt (BFH-Az. I R 33/23).

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