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Recht / Zivilrecht 
Freitag, 27.10.2023

Spielerin im Online-Casino kann Verluste zurückverlangen - Online-Glücksspielvertrag wegen gesetzlichem Verbot nichtig

Das Landgericht Koblenz entschied, dass eine Spielerin ihre in den Jahren 2015 bis 2020 in einem Online-Casino erlittene Verluste von der Betreiberin zurückverlangen kann. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glücksspielvertrag verstoße im streitgegenständlichen Zeitraum gegen ein gesetzliches Verbot und sei deshalb nichtig (Az. 1 O 224/22).

Die Beklagte ist ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta, welcher mehrere Online-Casino-Seiten betreibt und über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Malta verfügt. Über eine entsprechende Glücksspiellizenz in Deutschland oder für das Bundesland Rheinland-Pfalz, in welchem die Klägerin wohnt, verfügte die Beklagte hingegen jedenfalls im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze nicht. Die Internetseiten der Beklagten nebst den FAQ und den Geschäftsbedingungen sind vollständig auf Deutsch abgefasst. In der Zeit vom 27.12.2015 bis zum 02.12.2020 verlor die Klägerin auf den Online-Casino-Seiten der Beklagten unter Berücksichtigung von Gewinnen Spielbeträge von insgesamt 632.250 Euro. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie aufgrund des damaligen gesetzlichen Verbots von Online-Glücksspielen einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten Einsätze habe. Weiterhin habe sie erst im Jahr 2022 erfahren, dass Online-Glücksspiele im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erlaubt gewesen seien, sodass mögliche Rückzahlungsansprüche nicht verjährt seien. Mit ihrer Klage begehrte sie die Erstattung der Spieleinsätze.

Das Gericht gab der Klägerin Recht. Sie habe einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten und verlorenen Spieleinsätze in Höhe von 632.250 Euro, weil die Beklagte diese ohne Rechtsgrund erlangt habe. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glücksspielvertrag verstoße im streitgegenständlichen Zeitraum gegen ein gesetzliches Verbot und sei deshalb nichtig. Zwar sei der Glücksspielstaatsvertrag im Jahr 2021 neu geregelt und es bestünde nunmehr die Möglichkeit, eine Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet zu erhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage des Gesetzesverstoßes sei vorliegend aber der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, sodass es auf die Frage einer etwaigen späteren Legalisierung des Angebots der Beklagten nicht ankomme. Vorliegend könne sich die Beklagte auch nicht auf § 762 BGB berufen, weil diese Vorschrift nur greife, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt werde.

Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 817 Satz 2 BGB berufen, wonach die Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn auch dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig geblieben, dass die Klägerin in subjektiver Hinsicht vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit zumindest leichtfertig verschlossen habe. Ein lediglich objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz genüge nicht. Das Gericht sei nicht zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin positiv wusste, dass Online-Glücksspiele in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) in dem streitgegenständlichen Zeitraum verboten waren. Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt, weil die Beklagte beweisfällig geblieben sei, dass die Klägerin tatsächlich vor dem Jahr 2022 Kenntnis von der den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat.

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